Wenn jemand Musik im Blut hat, dann Andreas Schessl, Geschäftsführer von MünchenMusik. Die musikalischen Wurzeln seiner Familie reichen zurück bis ins 17. Jahrhundert, im Stammbaum findet man Musikalienhändler, Komponisten, Veranstalter und Profimusiker, die unter anderem im Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und im Bayerischen Staatsorchester musizier(t)en. Auch Schessl wählte die Musik als Beruf: Das Hornstudium am Richard-Strauss-Konservatorium ergänzte er durch ein BWL-Studium, um seine musikalische Leidenschaft als Unternehmer auszuleben.
Seit Jahrzehnten verbunden mit dem Gasteig
1984, ein Jahr vor der Eröffnung des Gasteig, begann die offizielle Firmengeschichte von MünchenMusik: Schessl veranstaltete seine erste Kammermusikreihe auf Schloss Blutenburg und brachte für etwa 190 Besucher*innen das Koeckert-Quartett auf die Bühne, eines der international führenden deutschen Streichquartette, dem als Bratschist sein Vater Franz Schessl angehört. Anfang der 1990er-Jahre wird die erste gemeinsame Reihe mit dem Gasteig ins Leben gerufen: „Vocalissimo“ soll dem Münchner Publikum großartige Stimmen präsentieren und so begeistert beim allerersten MünchenMusik-Konzert im Gasteig Opernstar Margaret Price die Menschen in der Philharmonie. Im Laufe der Zeit wachsen die Säle und Programme; Künstler*innen aus der ganzen Welt, darunter Cecilia Bartoli, Daniel Barenboim oder Jonas Kaufmann, sind seit mehreren Jahrzehnten eng mit dem Familienunternehmen verbunden.
Apropos Familie: Gemeinsam mit Frau Dea v. Zychlinski-Schessl, Sohn Nepomuk und einem Team von über 50 Mitarbeitenden schafft Schessl große Kulturerlebnisse. Rund 300 klassische Konzerte pro Saison finden allein in München statt. Ein Firmenverbund mit unterschiedlichen Ausrichtungen realisiert außerdem weitere Konzerte, Shows und Ausstellungen im gesamten deutschsprachigen Raum.
Gasteig macht’s möglich
Am Gasteig schätzt Andreas Schessl besonders die vielen Möglichkeiten, die das Kulturzentrum ihm schon immer eröffnet. Ein besonderes Highlight war für ihn beispielsweise die aufregende Show „Classic On Ice“, für die man die Bühne der Philharmonie in eine Eisfläche verwandelt hat. Auch die Zusammenarbeit mit dem Circus Roncalli hat ihn bewegt: Erstmalig konnte das Publikum Zirkus mit klassischer Musik im Konzertsaal erleben.
Dass auch der Gasteig HP8 als Interim gebautes Haus viel kann, zeigte zum Beispiel die deutsche Premiere der „Fashion Freak Show“ mit Modeschöpfer Jean Paul Gaultier im Sommer 2023, sagt Schessl. Die Show vereinte Zirkus, Theater, Musik und Tanz, war Modenschau mit Video-Einspielungen, üppigem Bühnenbild und unzähligen schrillen Outfits. Eine gigantische technische Ausstattung war für dieses Erlebnis in der Isarphilharmonie erforderlich. Projekte wie diese könne man nur realisieren, wenn alle im Team an einem Strang ziehen, so Schessl.
Programm für ein buntes Publikum
Den Gasteig besuchen täglich ganz unterschiedliche Menschen. Aus diesem Grund wird hier ein breit gefächertes Kulturprogramm geboten. Und so setzt auch MünchenMusik im Sendlinger Interimsquartier auf abwechslungsreiche Formate, wobei die Klassik nach wie vor die Hauptrolle spielt: Stars, Weltklasse-Orchester und aufstrebende Talente bringt Schessls Team regelmäßig auf die Bühne der Isarphilharmonie. Ab Dezember dürfen sich große und kleine Filmfans zum Beispiel wieder über besondere Kino-Vorführungen mit Live-Orchester-Sound freuen: Disney-Klassiker, Star Wars, Harry Potter und andere Film-Highlights stehen auch in der Jubiläumssaison auf dem Programm.
Heute schon die Stars von morgen
Doch auch die Förderung des Kultur-Nachwuchses liegt dem Konzertveranstalter am Herzen. Der Pianist Lang Lang, die Cellistin Sol Gabetta oder der Schlagzeuger Martin Grubinger haben einst klein angefangen und sind unter anderem mit MünchenMusik gewachsen. Der Wille, gerade talentierten Nachwuchskünstler*innen zu größerer Bekanntheit zu verhelfen, hat sich während der Corona-Pandemie bei Schessl und seinem Team verstärkt. Gemeinsam mit seinen internationalen Kontakten widmet sich Schessl daher der Aufgabe, junge Musiker*innen Schritt für Schritt aufzubauen, angefangen bei Solokonzerten und Recitals in kleinen Sälen bis hin zu Auftritten mit Spitzenorchestern in renommierten Konzerthäusern.
Auch in der 40. Spielzeit ist es für den Unternehmer immer noch spannend, innovative Formate zu entwickeln, um Klassik mit neuen Elementen zu verbinden. Kraft schöpft er dabei „aus der eigenen Freude am Erleben“. Jede Woche besucht er mehrere Konzerte und legt großen Wert darauf, dass bei 90 Prozent aller MünchenMusik-Veranstaltungen zumindest eine*r aus der Familie an Ort und Stelle ist. Als Veranstalter sei er „der Kümmerer, der schaut, dass alles passt“, sagt Schessl. Was wünscht er selbst sich von seiner Heimatstadt zum Jubiläum?
Der Veranstalter hofft auf einen Dialog zwischen Stadt und Land über die Zukunft der Münchner Konzertsaallandschaft. Er schätze die hohe Qualität der hiesigen Orchester sowie die grundsätzliche Bereitschaft von Stadt und Staat sehr, Geld in die Kultur zu investieren, so Schessl. „Aber die Entscheidungsprozesse sind eine Katastrophe. Aus meiner Sicht braucht man eine gute Gesamtlösung und schnellere Entscheidungen“, findet der Veranstalter. Konzertbesucher*innen sei es egal, ob ein Saal von Stadt oder Staat finanziert werde: „Hauptsache, es gibt ausreichend passende Spielstätten für vielfältigen Kulturgenuss.“
Highlights in der Isarphilharmonie
Text: Maria Zimmerer