Die Lichttechnik des größten Kulturzentrum Europas besteht aus zehn Personen, die alle Bühnen und Foyers des Gasteig effektvoll in Szene setzen. Für das immer aufs Neue überraschende Spiel aus Lichtern, Farben, Mustern und Formen können die Beleuchter auf etwa 1.000 Leuchtgeräte zurückgreifen, die entweder in Sälen fest verbaut sind oder in verborgenen Lagern auf ihren Einsatz warten: darunter teils 40 kg schwere, elektronisch steuerbare Moving-Lights, Gobos (Licht-Masken, durch die allerlei Muster projiziert werden) oder nostalgische Raritäten wie Svoboda Rampen, mit denen sie atmosphärische Lichtschleier erschaffen können.
So abwechslungsreich wie die Veranstaltungen sind auch die Arbeitstage der Beleuchter im Gasteig: heute eine relativ überschaubar einzuleuchtende Lesung, parallel dazu ein Klassikkonzert inklusive Fernsehübertragung aus der Philharmonie, morgen eine komplexe Tanztheater-Premiere. Dazu kommen ganze Festival-Wochenenden, denen häufig alle Lichtmacher gemeinsam entgegenfiebern: im Team zeichnen sie dann in jeder freien Minute an kreativen Lichtskizzen, schließlich soll die Vielfalt des Line-Ups durch facettenreiche Bühnenbeleuchtung zusätzlich verstärkt werden.
Einmal pro Woche werden in der großen Gasteig-Regiesitzung besondere Anforderungen kommender Veranstaltungen besprochen. Und immer arbeitet das Beleuchter-Team Hand in Hand mit zahlreichen Kolleg*innen aus der Bühnen- sowie Ton- und Medientechnik. Im Vorfeld der Aufführung komplexer Produktionen stehen oft umfassende Lichtproben an: Lichtdoubles lassen sich anstelle von Schauspielern an allen im Textbuch vorgesehenen Positionen ausleuchten, für jede einzelne Szene werden Lichtstimmungen ausprobiert, programmiert und – sobald die Regie zufrieden nickt – sicher im Lichtpult abgespeichert. Ein umfangreicher Licht-Plan kann durchaus etwa 150 verschiedene Lichtstimmungen beinhalten, ein Beispiel: „Tänzer bewegt sich von rechts in rotes Licht-Quadrat”.
Auch wenn viel Licht vorab programmiert wird, schöne Gesichter nehmen die Gasteig-Beleuchter immer am liebsten selbst in die Hand: „Die LED-Technik ist zwar mittlerweile auch im Bereich Frontlicht sehr weit, aber in unseren Augen ist sie für die Gesichtsbeleuchtung noch nicht so zufriedenstellend. Ein Mensch soll auf der Bühne nicht grau wirken, sondern natürlich schön aussehen und dazu brauchen wir ein gutes Lichtspektrum. Manuelle Halogen-Scheinwerfer sind für Gesichter immer noch unschlagbar!”, so Oliver Brandt. Er leitet das Beleuchtungs-Team im Gasteig seit 13 Jahren. Heute bedient Brandt nur noch selten selbst das Lichtpult, meist schreibt er ausgeklügelte Dienst- und Lichtpläne oder sorgt dafür, dass wertvolles Material ohne Schrammen auch im Interimsquartier Gasteig HP8 zum Einsatz kommt.
Leuchtende Augen bekommt Lichtmacher Brandt auch beim Thema Gasteig-Sanierung: „Ich freue mich schon auf neues LED-Konzertlicht in der sanierten Philharmonie. Unser aktuelles Licht verursacht Probleme, da vor einiger Zeit die Leuchtmittel-Serie ausgelaufen ist und passende Leuchtkörper seither nur noch mit schlechterer Qualität produziert werden. Im Neuen Gasteig dimmen wir das Licht dann rauf oder runter, nichts geht kaputt und keiner muss mehr Leuchtmittel tauschen!” Repariert wird übrigens in der Gasteig-eigenen Werkstatt: Hinter den Kulissen werden unzählige Leuchtmittel getestet, gereinigt und Kabel maßgeschneidert – weitere Aufgaben der Gasteig-Beleuchter neben Besprechungen, Lichtplänen, Aufbauten, Proben, Programmierungen und der eigentlichen Aufführung.
Und nach der Show? Während das Licht langsam in den Zuschauerraum zurückkehrt, um das Publikum sicher von den Plätzen ins Foyer zu geleiten, ist für den diensthabenden Beleuchter noch lange nicht Feierabend. Gerade wenn am Vormittag unmittelbar nach einem Popkonzert bereits die nächste Orchesterprobe der Münchner Philharmoniker ansteht, müssen unzählige Lichter sofort aus dem Gebälk über der Bühne entfernt werden. Erst wenn der hinterste Scheinwerfer in seiner Ruheposition verweilt und das letzte Kabel sorgfältig aufgerollt im Lager liegt, dann heißt es auch bei den Beleuchtern: Der letzte macht das Licht aus!
Text: Maria Zimmerer