„Spiele ich gut genug? Anfangs hatte ich schon Respekt, ob ich die Erwartungen erfüllen kann“, gesteht der 18-jährige Trompeter Philipp. Er steht kurz vor dem Abitur und freut sich auf die Gelegenheit, ein drittes Mal bei Klasse Klassik dabei zu sein „Lampenfieber habe ich nicht mehr wirklich“, fügt er mit einem Augenzwinkern hinzu, „schließlich bin ich ja gemeinsam mit Freund*innen und Profis auf der Bühne.“
Philipp besucht das Augsburger Gymnasium bei St. Stephan, dessen Schulorchester sich seit Langem an Klasse Klassik beteiligt. Alle zwei Jahre können sich Ensembles bayerischer Schulen für dieses Education-Projekt des Münchner Rundfunkorchesters bewerben, das vom Bayerischen Kultusministerium und vom Kulturreferat der Landeshauptstadt München gefördert wird. Schüler*innen zwischen 12 und 18 Jahren erarbeiten über mehrere Monate hinweg gemeinsam mit Profis ein anspruchsvolles Konzertprogramm. Komponisten wie Mussorgsky, Márquez oder Gershwin werden während dieser intensiven Vorbereitung zu vertrauten Begleitern. Auf das gemeinsame Abschlusskonzert am 4. Februar in der Isarphilharmonie fiebern alle begeistert hin, schon jetzt habe das gemeinsame Projekt sie „noch enger zusammengeschweißt“, schwärmen die Augsburger*innen und ihr Musiklehrer einstimmig nach der Orchesterprobe.
Profis und Schüler*innen auf Augenhöhe
Besonders toll für die jungen Leute: Zusätzlich zu Probenwochenenden mit allen Musiker*innen besuchen verschiedene Coaches aus dem Münchner Rundfunkorchester die Schulen. Dort arbeiten sie intensiv mit Stimmgruppen und üben besonders schwierige Stellen. „Auch wenn ich den Ton mal nicht treffe, bleiben die Profis entspannt, geben nützliche Tipps und sagen, dass es ihnen genauso geht“, erinnert sich die 15-jährige Jette, die im Orchester Cello spielt.
Einer der Coaches ist Kaspar Reh, Fagottist beim Münchner Rundfunkorchester. Er findet es sehr schön, mitzuerleben, wie sich die jungen Menschen über mehrere Monate hinweg entwickeln. Gleichzeitig ist Reh fasziniert von der Energie der Schüler*innen, die ihn an einen wichtigen Gedanken erinnern: „Vorrangig geht es um die Freude am gemeinsamen Musizieren und nicht ausschließlich um Perfektion oder darum, das Erlernte abzuliefern.“ Das sollten auch erfahrene Musiker*innen nie vergessen.
Auch Olivier Tardy empfindet das Arbeiten mit den Jugendlichen als sehr erfrischend. Er dirigiert am 4. Februar zum ersten Mal das aufregende Abschlusskonzert von Klasse Klassik. „Die Schüler*innen bringen mich dazu, Musik verständlicher und treffender zu erklären“, erzählt der Dirigent, spürbar beschwingt von den letzten Proben am Aschaffenburger Gymnasium, das gemeinsam mit Streicher*innen aus Neumarkt in der Oberpfalz den zweiten Konzertteil übernimmt.
Das leidenschaftliche Engagement aller Projektbeteiligten schätzt Tardy sehr und findet, dass Schulorchester aufgrund ihrer Heterogenität einen ganz besonderen Reiz haben. Jedes neue Schuljahr spielen junge Menschen unterschiedlicher Altersgruppen und Levels zusammen. Diese ständige Veränderung bringe wertvolle soziale Aspekte mit sich, betont er.
Bei vielen Mitgliedern des Augsburger Schulorchesters hängt das Outfit für den großen Auftritt schon im Kleiderschrank, und stolze Eltern haben sich längst Tickets für das familientaugliche Highlight in der Isarphilharmonie gesichert. Die 17-jährige Elisa freut sich besonders auf die Sekunden am Ende eines Stücks, wenn Musiker*innen und Publikum ganz leise sind, und der Dirigent vorne noch die Spannung hält: „Man spürt das Adrenalin ganz deutlich, und auf einmal beginnt der Applaus. Dafür hat sich alle Arbeit gelohnt, das ist der beste Moment!“
Junge Leute und Profis gemeinsam erleben?
Text: Maria Zimmerer