Zum Hauptinhalt springen

Die Harfe: himmlisch schön und höllisch schwer

Sie gleicht einem Engelsflügel aus Holz samt goldener Verzierungen: Mit ihrem eleganten Aussehen und einzigartigen Klang erweckt die Harfe bei vielen Menschen weihnachtliche Assoziationen. Woran liegt es, dass dieses Instrument uns so berührt? Und stecken auch teuflische Seiten in einer Harfe? Gespräch mit Teresa Zimmermann, Solo-Harfenistin der Münchner Philharmoniker

Die Harfenistin blickt zwischen den Saiten ihrer Harfe hindurch und lächelt.
Teresa Zimmermann braucht viel Kraft, damit die Harfe himmlisch klingt. Copyright: Benedikt Feiten/Gasteig

Teresa, was macht die Harfe so himmlisch?

Die Harfe ist eines der ältesten Instrumente der Welt, schon lange vor Christus gab es bereits Harfen. Weil ihr Klang sehr beruhigend wirkt, setzt man sie auch als heilendes Instrument bei Therapien ein. Die Harfe hat tatsächlich etwas Erdendes, im Orchester verbindet sie alle Stimmen, ihr Klang geht durch den ganzen Körper. Er ist sehr rund und weich, nie zu laut oder schmerzend für die Ohren. Besonders ist, dass die Töne ganz ohne Hilfsmittel erzeugt werden. Ohne Bogen oder Tasten kann man den Klang direkt mit den eigenen Händen beeinflussen. Als Fünfjährige durfte ich in der Musikschule eine kleine, irische Harfe mit meinen Fingern zupfen. Es kam sofort ein schöner Ton, das hat mich gepackt.

 

Fühlst du dich als Harfenistin manchmal wie ein Engel mit überirdischen Fähigkeiten?
(lacht) Als Harfenistin bin ich eigentlich das Gegenteil von engelsgleich. Die Klangproduktion ist sehr schwer, man braucht enorm viel Kraft, das ist nichts für zarte Hände. Die Saiten haben eine wahnsinnige Spannung und meine Finger müssen ordentlich reinlangen, damit was rauskommt. Was ich als Doppelpedalharfenistin gut beherrschen muss, ist die Koordination zwischen Händen und Füßen. Meine Harfe hat 47 Saiten und 7 Pedale. Wenn ich ein Pedal trete, verkürzt sich die Saite und klingt um einen Halbton höher. In meinem Kopf läuft also ein zweites Programm dafür ab, was ich parallel zu den Händen mit den Füßen tue. Damit man das Treten der Pedale möglichst nicht hört, muss es genau dann passieren, wenn ich eine Saite zupfe. Leider werden bei Nervosität die Füße langsamer, weshalb ich extra trainiere, dass sie schnell sind und gleichzeitig von meinen Händen unabhängig funktionieren.

„Wir Harfenist*innen haben sehr starke Hände, vor allem die vorderen Fingerglieder stecken voller Muskelkraft. Nach 35 Jahren mit der Harfe kriege ich jedes Einweckglas und jede Flasche auf.“

Teresa Zimmermann, Soloharfenistin der Münchner Philharmoniker
Finger beider Hände zupfen verschiedene Saiten einer Harfe.
Kleine Finger zupfen nicht. Sie sorgen für die richtige Balance in den Händen. Copyright: Benedikt Feiten/Gasteig

Bei den Münchner Philharmonikern bist du seit 2014 die einzige Solo-Harfenistin. Hat diese exklusive Rolle auch teuflische Seiten?

An sich geht es mir sehr gut mit dieser Sonderposition. Aber: Um bei einem Top-Orchester als Solo-Harfenistin gut klarzukommen, braucht es viele Jahre Erfahrung. Es hilft einem niemand mit den Einsätzen, man muss vorher intensiv Partituren studieren und Aufnahmen anhören. Stressig wird es, wenn eine Saite im Konzert reißt. Schaffe ich es, eine neue Saite aufzuziehen, wechsele ich auf eine zweite Harfe (wenn es sie gibt), oder spiele ich ohne diese Saite weiter? Was mich manchmal stört, ist die lange Vorbereitungszeit für komplizierte, moderne Stücke. Die meisten Komponist*innen kommen vom Klavier und schreiben eher für dieses Instrument. Es ist sehr viel Arbeit, solche Stücke für die Harfe spielbar zu machen, ich muss sie oft selbst umschreiben. Man muss sich intensiv mit der Harfe beschäftigen, um rauszufinden, was wirklich gut klingt.

 

Musst du deine Harfe für jede Probe quer durch München schleppen?

Nein, zum Glück nicht. Als ich mit der Harfe angefangen habe, haben sich meine Eltern tatsächlich einen Kombi für mein riesiges Instrument angeschafft. Aber nach meiner erfolgreichen Probezeit als Soloharfenistin bei den Münchner Philharmonikern durfte ich mir eine „Dienstharfe“ aussuchen. Diese Harfe bleibt immer beim Orchester, wird per Lkw zu den Konzerten transportiert und ist auch über die Münchner Philharmoniker versichert. Natürlich habe ich mir die Harfe ausgesucht, die mich klanglich überzeugt hat und die am besten zu meiner Haltung sowie zu meinen relativ kleinen Händen passt. Zuhause habe ich die gleiche Harfe und in Hannover bei meinen Eltern steht noch ein drittes Instrument.

Nahaufnahme vom Kopf der Harfe. Goldene Ornamente machen aus der Konzertharfe ein kostbares und feierlich anzuschauendes Instrument.
Ein kostbares Instrument: Goldene Ornamente schmücken den Kopf der Konzertharfe. Copyright: Benedikt Feiten/Gasteig
Eine Harfenspielerin sitzt auf der für die Probe vorbereiteten Bühne der Isarphilharmonie und zupft die Saiten ihres Instruments.
Die Dienstharfe bleibt immer beim Orchester. Copyright: Benedikt Feiten/Gasteig

Schon gewusst? Harfen-Check

  • Gewicht: 35 bis 40 Kilo
  • Größe: 1,82 cm (größer als Teresa)
  • 47 Saiten aus Stahl, Nylon und Darm
  • 7 Pedale, mit Leder umwickelt, dadurch leiser und besser zu treten
  • Typisch für Harfen-Hände: dicke Hornhaut an den Fingerspitzen, kein Ring (stört beim Abdämpfen), kein Nagellack (macht Finger schwerer und langsamer)
  • Harfen-Mechanik wird einmal jährlich reguliert: Ein Techniker stellt Halbtöne exakt ein und zieht neue Stahlsaiten auf

Teresa und ihre Harfe erleben?

Text: