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Beim Demokratiecafé Gesellschaft gemeinsam reparieren

Selbst anpacken und nicht bis zur nächsten Bürgerversammlung warten: Bei den Demokratiecafés kommen alltägliche Ärgernisse auf den Tisch, um sie gemeinsam zu verändern. Die nächste Ausgabe organisiert die Stadtbibliothek am 11.1. im Gasteig HP8 in Sendling. Drei Fragen an den Soziologen Robert Jende, der das Format mit entwickelt hat

Eine Gruppe von Menschen arbeitet an Tischen sitzend und stehend an gemeinsamen Projekten für das eigene Viertel.
Copyright: Demokratiecafé

Robert, was ist ein Demokratiecafé, und wozu soll es die Leute anstiften?
Unsere Gesellschaft baut auf Systeme, die über große Entfernungen funktionieren sollen: Häufig wählen wir Repräsentant*innen, denen der unmittelbare Bezug zur Lebenswelt vor Ort fehlt. Der Gedanke des Demokratiecafés ist, genau das umzudrehen: Wir denken von unten her und schauen, was die Leute hier im Viertel überhaupt wollen. Wenn irgendwo der Schuh drückt, können wir uns im Demokratiecafé Verbündete suchen, die unser Vorhaben unterstützen. Meist sind die gewünschten Veränderungen gar nicht so kompliziert, unser alltäglicher Lebensraum ist relativ überschaubar. Vor der eigenen Haustür „caren“ ist der Schlüssel dafür, aktiv zu werden.

„Der Gasteig ist ein öffentlicher Raum für alle, einfach zugänglich und dem Konsumzwang enthoben: Hier können wir Gleiche unter Gleichen sein.“

Robert Jende, Moderator des Demokratiecafés im Gasteig HP8
Portraitfoto von Robert Jende, Initiator des Demokratiecafé im Gasteig HP8
Robert Jende hat das Demokratiecafé mit der Stadtbibliothek im Gasteig HP8 initiiert. Copyright: Felix Remter

Das Demokratiecafé ist ein neues Mitmach-Format, das 2024 regelmäßig stattfinden soll. Lässt sich schon sagen, was die Menschen in Sendling beschäftigt?
So ein offenes Angebot, bei dem alle eigene Themen einbringen, ist anfangs ungewöhnlich. Zwar hat jedes Demokratiecafé einen festen Ablauf, ein*e Moderator*in strukturiert das Treffen und begleitet die Teilnehmer*innen. Im Idealfall wird das Format dann von der Gruppe selbst weitergeführt, aber das braucht Zeit. Beim ersten Café im September im HP8 hat sich gezeigt, dass alle Menschen das Bedürfnis nach einem Ort der Begegnung hatten. Es bestand der Wunsch, den Gasteig HP8 als Raum, an dem man ganz viel selbst machen kann, noch stärker zu nutzen. Daher wollen die Leute im Viertel noch intensiver für das Demokratiecafé werben. Dort erlebt man eine völlig neue Art, sich auszutauschen und in Dialog zu treten.

Gemeinsam unser Viertel gestalten!

Warum ist gerade der Gasteig HP8 ein geeigneter Ort für ein Demokratiecafé?
Ob wir uns an einem Ort wohlfühlen, hat eine große Auswirkung darauf, wie wir miteinander umgehen und welche Entscheidungen wir für unser Zusammenleben treffen. Der Gasteig ist ein öffentlicher Raum für alle, in der Soziologie spricht man bei solchen Anlaufstellen auch vom „Dritten Ort“: Man zahlt keinen Eintritt, muss nichts tun, jede*r kann einfach kommen und mitgestalten. Solche Orte sind super für unser Format, weil wir in zwangloser Atmosphäre zusammenkommen, uns begegnen und gemeinsame Ziele verwirklichen können. Entschieden wird nicht nach demokratischen Mehrheitsprinzipien einer argumentativ starken Gruppe, sondern soziokratisch: Jede*r Einzelne bringt seine Perspektive ein und erlebt im Demokratiecafé, dass es schön sein kann, sich aktiv zu beteiligen.

Mehrere Menschen beugen sich konzentriert über Notizen. Es wird aufgeschrieben, welche Dinge verändert werden sollen.
Sich gemeinsam auf konkrete Veränderungen konzentrieren. Copyright: Demokratiecafé
Durch ein Schaufenster sieht man eine Gruppe junger Menschen, die sich beim Format Demokratiecafé gegenseitig austauschen.
Alle sind eingeladen, vorbeizukommen und eigene Perspektiven einzubringen. Copyright: Demokratiecafé

Mehr über Demokratiecafés erfahren?

An welchen Orten es dieses neue Format bereits gibt und was es dazu braucht, selbst Demokratiecafés zu organisieren: Hier können alle Interessierten  deutschlandweite Angebote finden. Viel Spaß beim Vernetzen und Mitmischen!

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