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Vorfreude auf eine schöne Terrasse an der Isar: Architekt*innen des Gasteig HP8 im Gespräch

Julia Große Frie, Anna Mochnac, Georg Glas und Tobias Jahn sind Architekt*innen und bilden das Team „Interim" des Gasteig. Zusammen sind sie für die Planung und den Bau des Sendlinger Ausweichquartiers zuständig. In diesem Interview erzählen sie von den besonderen Herausforderungen ihrer Arbeit.

Vier Personen aus dem Gasteig-Team "Interim" stehen vor einem Bagger. Gemeinsam kümmern sie sich um die Planung des Gasteig HP8 in Sendling.
Architekt*innen für das Projekt Gasteig HP8. Von links nach rechts: Tobias Jahn, Julia Grosse-Frie, Anna Mochnac und Georg Glas Copyright: Gasteig

Ihr verbringt einen Großteil Eurer Arbeitszeit in Besprechungen, auf der Baustelle oder im Gasteig, mit den Instituten im Haus, externen Partnern, Baufirmen, der Stadtpolitik und vielen mehr. Was ist für Euch die größte Herausforderung am Gasteig HP8?

Tobias Jahn: Eine große Herausforderung und gleichzeitig das Spannende an dem Projekt ist für mich, die vielen Wünsche, Themen und Bedürfnisse der einzelnen Institute und Nutzer genau zu erkennen, richtig weiterzutragen und dadurch für Klarheit zu sorgen – und vor allem diese Wünsche immer wieder mit den Möglichkeiten der baulichen Umsetzung in Einklang zu bringen.

 

Anna Mochnac: Wenn beispielsweise der Generalunternehmer der Interimsphilharmonie abweichend von der Planung der Architekt*innen etwas aus baulichen Gründen nicht umsetzen kann – wie heute Morgen gemeldet – müssen wir das mit allen, die es betrifft, neu abstimmen. Das sind hier so viele Beteiligte, dementsprechend bedeutet das mehr Kommunikation als bei anderen Bauvorhaben, die wir bisher kannten. Aber auch Fragen wie „Ist mein Waschbecken links oder rechts im Raum?” oder „Welche Farbe hat die Türklinke?” können Herausforderungen sein, wenn sie im momentanen Baugeschehen vielleicht noch nicht planbar sind und dies wiederum kommuniziert werden will.

„Immer wieder müssen Entscheidungsträger*innen aus der Politik abgeholt werden, denn die Stadt trägt die Kosten.”

Julia Große Frie, Architektin für den Interims-Gasteig

Ihr seid also auch Vermittler …

Julia Große Frie: Ja, ein gutes Stück! Was für mich dabei vor allem neu ist, ist die politische Ebene. Immer wieder müssen hier auch Entscheidungsträger*innen aus der Politik abgeholt werden, denn die Stadt trägt die Kosten. Der Stadtrat entscheidet also letztlich über den Kostenrahmen und darüber, was umgesetzt werden kann und was nicht. Das kannte ich so noch nicht, das macht es anspruchsvoller. Bei anderen Bauvorhaben sind die Auftraggeber oft einzelne Vermieter, Leiter oder Inhaber von Firmen, die letzten Endes einzeln entscheidungsbefugt und zugleich Kostenträger sind. Beim Gasteig haben wir viele voneinander unabhängige Institute auf gleicher Hierarchieebene, die verständlicherweise viele Wünsche und Ideen haben, letztendlich aber nicht die Kosten tragen müssen.

 

Tobias Jahn: Ja, bei so vielen Nutzergruppen kommt viel Input zusammen, der gut untereinander kommuniziert werden will, das hatte ich in der Komplexität auch noch nicht zuvor. Wie geht man damit um? Wie ist man ein guter Nutzervertreter? Wie platziert man so ein Projekt bei der Stadt? – das sind wichtige Fragen für uns.

 

Wie erlebt Ihr die Zusammenarbeit?

Georg Glas: Das Interesse bei allen Beteiligten ist sehr hoch und die Zusammenarbeit sehr positiv, auch mit den Eigentümern des Areals, den Stadtwerken München und den bereits bestehenden Mieter*innen auf dem Areal. So gibt es Überlegungen, die Ausbildungs-Werkstätten der Stadtwerke auf dem Gelände symbiotisch mitnutzen zu können. Wenn dort das ein oder andere für uns geschweißt werden kann, werden wir unser Schweißgerät vielleicht nicht mitnehmen müssen. Das sind ganz wichtige praktische Fragen, um die es da geht.

Baumaterialien aus Holz sowie Gerüst-Elemente liegen vor der Industriehalle bereit für ihren Einsatz auf der Gasteig-Baustelle.
Neben der denkmalgeschützten Halle E liegen viele Baumaterialien parat. Copyright: Gasteig
Der Rohbau des neuen Konzertsaals wächst. Eine Wand der Isarphilharmonie steht bereits, in der Mitte befindet sich ein Kran.
Der Rohbau der neuen Isarphilharmonie wächst. Copyright: Gasteig

Apropos Interimsphilharmonie, was erwartet uns da?

Anna Mochnac: Dunkel lasiertes Holz, vereinzelte, dimmbare Spots auf die Bühne – die Atmosphäre der Interimsphilharmonie soll konzentrierter und mystischer werden. Eine Herausforderung für die Lichtplaner, die für eine mystische Stimmung im Publikumsbereich, aber auch für ausreichende Beleuchtung auf dem Notenblatt der Musiker sorgen müssen. Momentan bemustern wir solche Dinge der Innenausstattung. Dazu wird ein Modell eines kompletten Saalabschnitts, mehr oder weniger in Echtgröße, vor Ort gebaut, das unsere Architekten und Techniker, der Akustiker, die Münchner Philharmoniker und viele weitere Beteiligte dann prüfen werden. Fragen wie: Reicht das Licht aus? Funktioniert die Belüftung im Saal? Sind Schaumstoff und Stoffbezug der Sitzplätze optimal für die Akustik? Sind die Stühle richtig gewebt? und viele mehr spielen da eine wichtige Rolle. Und vielleicht wird auch der Bürgermeister mal Probe sitzen wollen …

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Vom Rohbau zum Konzertsaal: Wie die Isarphilharmonie entstand (Erstes Foto: NÜSSLI Gruppe/Manfred Jahreiss)

… und irgendwann ist es dann soweit: Der Gasteig HP8 steht! Worauf freut Ihr Euch am meisten?

Julia Große Frie: Ich freue mich am meisten auf die Trafohalle und den Außenraum – mit der Isar nebenan und den Bestandsmieter*innen auf dem Gelände, vom Reifenhändler über das Yogastudio bis zur Autolackiererei. Das gibt bestimmt eine schöne Atmosphäre und einen Ort, an dem man auch mal spontan auf einen Kaffee oder ein gutes Buch vorbeischauen kann – eine schöne große Terrasse an der Isar! Die Möglichkeiten dieses Geländes lassen aber auch an Veranstaltungsformen wie Open-Air-Kino oder neue Festivalformen mit Foodtrucks und Co. denken. Das wird spannend!

„Eine teilweise verwilderte Fläche wird zu einem kreativen, atmosphärischen Areal ...”

Tobias Jahn, Architekt im Team Gasteig-Interim

Tobias Jahn: Ich freue mich auch auf den möglichen Überraschungseffekt, den dieser Ort, der hier entsteht, haben könnte. Eine teilweise verwilderte Fläche wird zu einem kreativen, atmosphärischen Areal, auf dem man sich gerne aufhält: vom Bier an der Isar bis zum Konzertbesuch. Mit der Kreativszene, die schon länger auf dem Areal wohnt und mitmischen kann und dem Gasteig und seiner kulturellen Vielfalt als neuem Bewohner – solche Orte gibt es in München nicht viele.

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