Laura, du stehst als Frontsängerin und Orthesenträgerin unübersehbar im Mittelpunkt der Band. War das ein großer Schritt, dich als Künstlerin so auf der Bühne zu zeigen?
Als es 2020 mit Lauraine losging dachten wir erstmal gar nicht daran, diese Inklusionskarte unbedingt auszuspielen. Meine Jungs sind so sozial und lässig, dass meine Orthese nie eine große Rolle gespielt hat. Aber als nach Corona wieder Live-Auftritte möglich waren, wurde es plötzlich doch zum Thema, als es um die Frage nach dem Bühnenoutfit ging. Kopf und Bauch haben dann entschieden, die Karten ganz offen auf den Tisch zu legen.
Wie war der erste Live-Auftritt und welches Bühnenoutfit hast du ausgesucht?
Bei unserem ersten Live-Gig letzten Sommer in Nürnberg habe ich einen kurzen Rock getragen, sodass den Leuten gar keine Wahl blieb: Wegen der erhöhten Bühne hatten sie meine Orthese direkt vor Augen. Ich finde es sehr wichtig, zu zeigen, dass es völlig okay ist, so auf der Bühne zu stehen und nicht der Norm zu entsprechen. Dabei gleichzeitig noch für Emanzipation und Gleichberechtigung zu kämpfen, fühlt sich cool an.
Bereitest du dich für Auftritte extra vor, um Stolperfallen zu umgehen?
Tatsächlich schaue ich mir immer vorab immer genau an, wo ich spiele und was ich brauche. Mal war eine Bühne super hoch und wir mussten spontan einen Bierkasten hinstellen, damit ich hochkomme. Außerdem habe ich die ganzen Kabel immer genau im Blick, denn ich merke es nicht so schnell, wenn ich an einem hängenbleibe.
Im Sinne einer barrierefreien Kulturszene – wo und was müsste man anpacken?
Ich habe das Gefühl, es herrscht immer noch die Einstellung, dass es für Beeinträchtigte eine Hilfsperson geben muss. Viel besser wäre, wenn von Anfang gemeinsam gedacht würde, sodass es solche Vormünder bestenfalls gar nicht braucht. Ich persönlich fühle mich nicht beeinträchtigt und das ist ja eigentlich Integration. Schön wäre, wenn noch viel mehr Leute so fühlen könnten.
Bei der Langen Nacht im HP8 waren auf allen Bühnen viele Künstlerinnen zu erleben. Was hat sich da in der Münchner Musikszene getan?
Vor gefühlt zwei Jahren hat es angefangen, dass in München ganz viele Künstler*innen aus dem Boden geploppt sind: Wir sind alle so eine eingeschworene Gemeinde, die sich hier und da auf Events trifft, gegenseitig abfeiert oder sich via Social Media und in Gruppen austauscht. Gerade kommen so viele Frauen, die sich trauen, das ist so cool zu spüren. Vielleicht ist gerade jetzt der perfekte Moment, als Frontfrau auf der Bühne zu stehen.
Möchtest du noch was loswerden? Eine Message von Frau zu Frau, für alle?
Macht einfach euer Ding, alle! Macht euch stark für euch selbst und für Gruppen, die noch nicht so wahrgenommen werden. Egal ob Mann oder Frau oder divers, lasst euch von niemanden sagen, wie etwas zu laufen hat. Man kann nur wachsen, wenn man sich ausprobiert und das tut, worauf man Bock hat. Und: Habt Respekt für alles, was es so gibt!
Steckbrief Laura Glauber
- 1994 in München geboren und aufgewachsen
- Kam ohne rechten Oberschenkel auf die Welt (Dysmelie: angeborene Fehlbildung an äußeren Gliedmaßen)
- Beruf der Eltern: Musiklehrer*in
- Wollte erst NIE Musikerin, sondern Visagistin werden
- Studiert Jazz-Gesang an Hochschule für Musik und Theater München
- Träumt vom Doppelleben München und Berlin
- Nebenjobs: Community-Managerin, Kassenfrau im Techno-Club Blitz und Kultur-Management-Unterstützerin für junge Künstler*innen
- Motto: Wir schaffen das!
Text: Maria Zimmerer