„Wir Menschen können so viel, haben aber doch so wenig aus der Vergangenheit gelernt!“ Dieser Gedanke treibt die holländische Regisseurin Annechien Koerselman um, seit sie von den Münchner Philharmonikern gebeten wurde, aus Erich Kästners „Konferenz der Tiere“ ein szenisches Kinderkonzert zu entwerfen.
Koerselman hat sich in Kästners Roman vertieft und hält seine Überlegungen für aktueller denn je: Die katastrophalen Folgen des Zweiten Weltkriegs unmittelbar vor Augen, formulierte der Schriftsteller deutliche Worte gegen Gewalt und ignorante Erwachsene, die keine Lösungen für den Frieden und eine bessere Zukunft finden. Kreativität kennt zum Glück keine Grenzen, und so verabreden sich bei Kästner und am 11.6.24 und am 16.7.25 in der Isarphilharmonie Tiere aller Kontinente zu einer Konferenz, um die Welt doch noch zu retten. „Ich habe nie vergessen, wie ich als Kind war, das hilft!“, sagt Koerselman, die ihre Fantasie auch „immer gut gefüttert“ hat. Für die Kinderstücke denkt sie in kürzeren, dreiminütigen Spannungsbögen: „Auch traurige Momente dürfen nicht zu lange dauern, damit die Kleinen nicht die Hoffnung verlieren.“ Im Kopf der Regisseurin passiert bei der Stückentwicklung vieles gleichzeitig.

Gemeinsam mit Lena Jaeger von Spielfeld Klassik, dem jungen Programm der Münchner Philharmoniker, machte sich Koerselman auf die Suche nach geeigneten Klängen: „Passende Musik muss für Kinderohren gut hörbar und wiedererkennbar sein, sich außerdem gleichwertig mit den Dialogen zu einem Gesamtwerk fügen“, so die Regisseurin. In eingängigen Ballettmusiken aus der Feder von E.T.A. Hoffmann, Walzern von Sibelius und kraftvollen Klängen von Schostakowitsch wurde schließlich ein mitreißender Weltrettungs-Sound gefunden, gespielt von den Musiker*innen der Münchner Philharmoniker, die neben drei Schauspieler*innen auch szenische Partien übernehmen.
Partizipative Momente helfen, wenn die Konzentration flöten geht, und gehören zu den Lieblingsszenen der Regisseurin: „Zu sehen, dass Kinder voll dabei sind und an die Handlung glauben, ist sehr rührend!“ Aber auch Erwachsene könne Kästners Geschichte dazu inspirieren, sich eine wesentliche Frage neu zu stellen: „Was brauchen wir wirklich im Leben?“ Die Regisseurin erzählt im Gespräch sehr offen: „In unserer Gesellschaft dreht sich viel zu viel ums Materielle und um Wachstum, ich werde noch verrückt davon!“ Sie selbst sei mit ihren Eltern kaum in Urlaub gefahren, dafür blieb kein Geld. Trotzdem hatte sie nie das Gefühl, zu wenig zu besitzen – vielleicht dank einem Leben voller Bücher und Musik.
Münchner Philharmoniker: Die Konferenz der Tiere
ab 5 Jahren, Dauer: 55 Minuten | 11.6. | 10:00 Uhr | Isarphilharmonie; Außerdem am 16.7.2025, Karten ab 3.12.24Text: Maria Zimmerer