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Elektrisiert von Klassik: Pianist Giorgi Gigashvili

Giorgi Gigashvili fühlt sich in Nachtclubs ebenso wohl wie in Konzertsälen. Als Gewinner der georgischen Ausgabe von „The Voice“ hätte er Popstar werden können, entschied sich aber – auch wegen einer Begegnung mit Martha Argerich – für eine Karriere als klassischer Pianist. Am 11. November 2024 spielte er mit den Münchner Symphonikern Schumanns Klavierkonzert in der Isarphilharmonie.

Der Pianist Giorgi Gigashvili sitzt in Turnschuhen lässig auf einem Barhocker, auf dem Barhocker daneben steht eine Topfpflanze.
Giorgi Gigashvili liebt die Stille im Konzertsaal ebenso wie das gemeinsame Abfeiern mit dem Publikum bei Jazz, Hip-Hop und Elektro. Copyright: Kelly de Geer

Ein Videocall mit Giorgi Gigashvili versetzt einen unerwartet in das Wohnzimmer seiner Mutter nach Tiflis in Georgien: Kurzfristig sei er in die Heimat geflogen, um als Überraschung bei der Hochzeit seines besten Freundes aufzutreten. „Ich habe Chopin-Mazurken gespielt, Volkslieder gesungen, Pop, einfach alles“, beginnt der 23-jährige Lockenkopf zu erzählen. Das Gespräch verläuft munter, man erfährt einiges über den vielversprechenden Pianisten, der eigentlich nie den Plan hatte, klassischer Musiker zu werden – auch wenn seine Mutter früh dafür sorgte, sein Talent zu fördern.

Gigashvilis Leidenschaft gehört in der Kindheit eher dem Singen und Arrangieren von georgischen Volksliedern und Popsongs. Mit Erfolg: Als 13-Jähriger gewann er das Finale der georgischen Ausgabe von „The Voice“ und macht sich als Popsänger einen Namen. Ein Wendepunkt in seinem Leben als klassischer Pianist war die Begegnung mit seinem großen Idol Martha Argerich. Er traf die Pianistin 2019 in Vigo beim Internationalen Klavierwettbewerb, den er gewann. „Als Martha mir die Trophäe überreichte und mir verriet, dass ich ihre Wahl sei, habe ich verstanden, dass das, was ich mache, wertvoll ist.“

Der Pianist Giorgi Gigashvili als Kind sitzt am Klavier und grinst in die Kamera.
Der kleine Giorgi sitzt schon mit vier Jahren gerne am Klavier. Copyright: Privatfoto Gigashvili
Arm in Arm: Die Pianistin Martha Argerich und Giorgi Gigashvili lächeln gemeinsam in die Kamera.
Giorgi, eng verbunden mit seinem großen Idol, der Pianistin Martha Argerich. Copyright: Privatfoto Gigashvili

Als Solopianist bekommt Gigashvili zahlreiche Preise, veröffentlicht 2023 seine Debüt-CD, spielt in Clubs ebenso wie in der Carnegie Hall. Selbstbewusst macht er das, worauf er Lust hat: „Ich bin viele Musikrichtungen und finde es sehr interessant, im etwas strengeren klassischen Genre unterwegs zu sein. Hier gibt es so viel, was ich erforschen kann. In alten Stücken Neues auszuprobieren, das liebe ich.“

 

Mal spielt Gigashvili solo, mal mit Band, präsentiert sich klassisch oder lässt Klassik auf Pop, Elektro, Hip-Hop und georgische Songs treffen. Auch experimentelle Eigenkompositionen gehören zum Repertoire: „Auf der Bühne gebe ich immer hundert Prozent von mir und opfere mich gerne auch ein bisschen auf. Wir aus Georgien lieben es, Menschen alles zu geben!“ Für Demokratie und Menschenrechte geht Gigashvili in Tiflis auf die Straße und erhebt seine Stimme für den EU-Beitritt Georgiens und LGBTQ-Rechte.

Screenshot vom Videocall mit dem Pianisten Giorgi Gigashvili. Er sitzt im Wohnzimmer seiner Mutter in Tiflis, Georgien. Hinter ihm an der Wand u. a. ein Foto von Martha Argerich.
Gute Stimmung beim Videocall München-Tiflis. In der georgischen Hauptstadt ist Gigashvili aufgewachsen. Copyright: Maria Zimmerer/Gasteig

Energie für sein Schaffen schöpft Gigashvili aus seinen vielen Interessen neben der Musik. Seine Wahlheimat Berlin, wo er bei Kirill Gerstein an der Hanns-Eisler-Hochschule studiert hat, sei „extrovertiert wie er selbst“ und biete ihm endlose Möglichkeiten: Jede Woche besucht er Ausstellungen in den Underground-Museen, er liebt Shopping, Kino, Theater. Für die Zukunft wünscht er sich viele Konzerte, über die sein Publikum auch im Nachhinein noch spricht. Eine neue Idee schwirrt ihm schon durch den Kopf: „Ich würde gerne 24 Stunden im Technoclub Berghain spielen und mich einen ganzen Tag lang ganz der Musik hingeben!“

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