Zum Hauptinhalt springen

Besuch aus Finnland

Bei unserer neuen Mitmach-Aktion „Bühne frei!“ stand die Bühne der Isarphilharmonie im September ein paar Tage lang allen Interessierten für ein Privatkonzert oder eine Yogastunde zur Verfügung. Das Erfolgskonzept dazu kommt aus Finnland: Pekka Kauranen, Leiter des Musikzentrums in Helsinki, in dem die Idee geboren wurde, erzählt, wie es dazu kam.

Pekka Kauranen, der Geschäftsführrer des finnischen Musikzentrums "Musiikkitalo", steht vor dem Eingang zu Halle E.
Pekka Kauranen, Geschäftsführer des Musikzentrums „Musiikkitalo” in Helsinki. Copyright: Benedikt Feiten/Gasteig

Das „Musiikkitalo“ in Helsinki ist Finnlands größtes Musikzentrum. Es hat mit dem Gasteig nicht nur gemeinsam, dass der 2011 eröffnete Konzertsaal auch vom japanischen Starakustiker Yasuhisa Toyota entworfen wurde – es ist auch Sitz des Philharmonischen Orchesters Helsinki, des finnischen Radiosymphonieorchesters und der Sibelius-Akademie, der einzigen Musikhochschule Finnlands. Im Juli war der „Musiikkitalo“-Direktor Pekka Kauranen zu Gast im Gasteig HP8.

Herr Kauranen, wie sind Sie darauf gekommen, die Bühne der Philharmonie in Helsinki zu vermieten?

Der Anstoß dazu kam im Corona-Herbst 2020 von einem Besucher, der uns eine E-Mail schrieb und fragte, ob es möglich sei, auf der Bühne zu üben. Wir haben dann entschieden, die Bühne freizugeben und das Ganze im Februar 2021 für eine Woche zu testen – da sind in Finnland Winterferien und auch bei uns im Haus ist wenig los. Wir haben Tickets an Privatpersonen verkauft, die für 45 Minuten die Bühne mieten konnten. Wir selbst haben nur Bühnenlicht und einen Flügel zur Verfügung gestellt und man durfte als Mieter*in zusätzliche Instrumente und alles, was man selbst tragen konnte, mitnehmen. Unsere Intention war es, dass die Teilnehmenden wirklich ihr Talent auf der Bühne testen und ihre Liebsten mitbringen können. Deshalb haben wir das Projekt „Dein Sternstündchen“ genannt.

Eine Yogastunde auf der Bühne der leeren Isarphilharmonie. Die Teilnehmer*innen sitzen im Halbkreis um die Yogalehrerin.
Eine Yogastunde auf der Bühne der Isarphilharmonie. Copyright: Benedikt Feiten/Gasteig
Ein Gitarrist und eine Sängerin musizieren zusammen auf der Bühne der Isarphilharmonie.
Die gesamte Bühne für sich hatten auch diese beiden Teilnehmer*innen von „Bühne frei!“ Copyright: Benedikt Feiten/Gasteig

Wie kam das bei der Bevölkerung an?

Es war ein Riesending, wir haben kaum Werbung gemacht und hatten eine große Presseresonanz und einen immensen Andrang. Innerhalb weniger Stunden waren die Tickets komplett ausverkauft. Es haben sich unterschiedlichste Amateur-Musiker*innen, aber auch einige Profis beworben, die einfach üben wollten. Alle waren begeistert von der Idee. Es hat eine Euphorie im ganzen Land geweckt. Wir waren ein bisschen überrascht, dass so viele Menschen die Bühne testen wollten. Viele saßen vorher wohl im Publikum und haben sich gewünscht, mal wie die Stars auf der großen Bühne auftreten zu können.

 

Mit diesem Konzept machen Sie Kultur für alle zugänglich. Was ist Ihre Vision als Geschäftsführer einer großen Kulturinstitution?

Wir sind ein Musikzentrum, das immer für alle Menschen geöffnet ist. Weil das Gebäude mit öffentlichem Geld gebaut wurde, gehört das Haus der finnischen Bevölkerung. Mich ärgert es sehr, wenn ich in Europa ein Musikzentrum besuche, das tagsüber geschlossen ist und nur zwei bis drei Mal wöchentlich abends geöffnet hat. Das ist Verschwendung. „Musiikkitalo“ gehört dem Publikum und unsere Aufgabe ist es, das Haus offenzuhalten, etwas zu Essen und Trinken anzubieten und dafür zu sorgen, dass es eine Steckdose gibt, in die man seinen Computer einstecken kann. Dazu gehört auch, dass das Haus so gut gebucht und vermietet ist, dass tagsüber immer was los ist. Wir haben eine Stammkundschaft, die älter ist. Aber damit auch die Studierenden und junge Menschen kommen und ihre Zeit dort verbringen, ist es mir sehr wichtig, dass das Haus immer offen ist.

Text: