Herr Gilg, Sie sind seit über 30 Jahren an diesem Standort. Hat sich für Sie etwas durch den Zuzug des Gasteig verändert?
Erst einmal ist der Blick auf das Areal gegenüber ein anderer. Früher war es ein Industriegelände, abgeblockt mit hohen Gittern und Stacheldraht. Jetzt ist dort alles offen, wir verbringen gerne unsere Mittagspausen im Gasteig HP8 und nutzen die Kulturinsel. Die Stimmung im Viertel hat sich gewandelt: Hier bewegt sich jetzt eine bunte Gesellschaft, Künstler*innen, Studierende und Kulturinteressierte jeden Alters sitzen in Bäckereien und Gaststätten. Ich bin überzeugt, dass der Gasteig HP8 ein Gewinn für dieses Stadtviertel ist.
Und was haben die SWM als Vermieter und Nachbar davon?
Wir profitieren auf vielfältige Weise. Unsere Halle E war als Gebäude schon immer etwas Besonderes, deshalb steht sie ja auch unter Denkmalschutz. Dass sie jetzt saniert und gleichzeitig in ihrer ursprünglichen Form belassen wurde, freut uns sehr. Die Kombination aus der neuen Isarphilharmonie und dem alten Backsteingebäude finde ich sehr gelungen. Aber auch unser Standort gewinnt durch den Gasteig HP8: Die Menschen, die mit U-Bahn, Bus, zu Fuß oder per Radl in den Gasteig HP8 kommen, laufen jetzt ganz nah am Kraftwerk vorbei. Wir erlangen eine neue Präsenz bei den Münchner*innen. Das haben wir deutlich bei unserem Tag der offenen Tür gespürt, an dem viel mehr Besucher*innen kamen als erwartet. Die Resonanz war überwältigend.
Umgekehrt profitiert auch der Gasteig HP8 von seinem Nachbarn: Die SWM heizen auch das gesamte Kulturzentrum …
Das stimmt. Die Heizanlage des Gasteig HP8 funktioniert wie eine Eigenverbrauchsanlage des Kraftwerks. Salopp gesagt hängt der Gasteig HP8 an unserer internen Heizung wie ein verlängerter Arm. Den Saal X kühlen wir sogar direkt. Und für die Klimatisierung der anderen Spielstätten sind hier auf unserem Gelände Kälteaggregate, die durch einen alten Versorgungstunnel unter der Brudermühlstraße Kälte zum Kulturzentrum liefern.
Der Gasteig HP8 ist ein Ort, an dem man Energie durch Kultur tanken kann. Das Heizkraftwerk liefert Energie. Kann man da Parallelen sehen?
Absolut, es verbinden uns noch mehr wesentliche Faktoren: Wir sind Institutionen der Stadt, das Thema Nachhaltigkeit spielt für uns eine große Rolle, und wir sind für alle Bürger*innen da. Beide Institutionen erleben gerade tatsächlich echte Perspektivwechsel: Der Gasteig hat – zumindest eine Zeit lang – eine neue Heimat am Flaucher und nutzt eine alte historische Halle für neue, moderne Kultur. Wir führen unseren 125 Jahre alten Standort in die neue Energiewelt, in der er ohne fossile Brennstoffe auskommt. Jede dieser Transformationen und neuen Perspektiven auf die Zukunft finde ich spannend – auf dieser und der anderen Seite der Straße. Ich sehe das so: Unser Heizkraftwerk ist per se ein echtes Industriedenkmal. Aber gekoppelt mit dem Gasteig HP8 ist es zum Industrieschmuckstück geworden.
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Text: Melanie Brandl